Wissen trennt – Praxis (Erfahrung) vereint, Teil 3

Es ist doch so: die meisten von uns sind weder Epidemologen/innen noch Virologen/innen. Die wenigsten werden wissen, was die Kriterien für valide wissenschaftliche Studien sind oder was es für Parameter braucht, damit eine Statistik wirklich verlässlich ist.
Das heisst: wir wissen schlichtweg nicht, was wirklich wahr ist von all dem, was auf uns herein prasselt.

Wir verlassen uns auf das, was wir entweder oft (!) gehört haben, was uns stimmig erscheint, oder auf das, was uns nahestehende Menschen denken, denen wir vertrauen. Das ist absolut verständlich.

Was wir allerdings wissen (erahnen, fühlen) ist, dass es einigen von uns ganz gut tun würde, sich zu reduzieren, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, etwas langsamer zu machen, sich zu besinnen, sich nach innen zu wenden und zurück zu ziehen. Früher haben wir das „detoxen“ genannt und sind vielleicht zu einem Detox-Retreat gefahren.

In all der Unsicherheit spüre ich persönlich ein tiefes Vertrauen. Ein Vertrauen darauf, dass das alles irgendwie Sinn macht und es uns allen mitsamt der Erde, den Tieren und Pflanzen gut tut. Ich brauchen da nix hoch zu pushen oder runter zu spielen. Es ist schwierig. Kaum jemand blickt durch. Da wird noch einiges auf uns zu kommen. Ja. Wir sind an einem für uns noch nie da gewesenen Punkt. Fühlen wie verletzlich wir sind, wie wenig wir wirklich in der Hand haben, wie vergänglich wir sind. Wir lernen alle gerade ganz viel. Über uns. Die anderen. Die verschiedenen Dynamiken.

Doch zurück zu Covid-19. Es ist schwer zu entscheiden, was angemessen ist in der Situation, in der wir uns befinden. Experten/innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz stellen Hochrechnungen an basierend auf dem, wie der Verlauf in anderen Ländern bisher war. (Ein wichtiger Einschub hier: Ja, es ist enorm tragisch, was in den Krankenhäusern in einigen Ländern geschieht! Die Bilder zerreissen mir das Herz.) Die Wissenschaftler erstellen Statistiken und stellen Hypothesen auf. Dabei wechseln sie während der Testphase die Grundlagen, auf denen getestet wird. Die Politiker/innen nutzen diese Zahlen und bauen darauf ihre Entscheidungen auf. Genau an diesen Zahlen sind nun von mehreren Seiten Zweifel aufgekommen. Ich möchte derzeit wirklich nicht an der Stelle unserer Politiker/innen stehen. Es sind wirklich schwerwiegende Entscheidungen, die sie fällen – basierend auf diesen Hypothesen.

Es ist jedoch wichtig zu verstehen dass wir, basierend auf diesen theoretischen Hypothesen (die eintreten können oder nicht), ganz reale Traumata in Kauf nehmen – und zwar weltweit:

  • den Anstieg an häuslicher Gewalt in den letzten Wochen
  • die Traumata die aus dieser sozialen Isolation entstehen
  • An Covid-19 erkrankte Menschen, die im Sterben liegen. Alleine. Ohne die Liebe ihrer Familienangehörigen spüren zu können und ohne dass jemand von der Familie sie bei diesem letzten Gang begleiten kann (während ich das schreibe, laufen mir Tränen über mein Gesicht)
  • Das Trauma bei den Hinterbliebenen, die ihre Liebsten so haben gehen lassen müssen, ohne sich von ihnen verabschieden zu können
  • eine gesellschaftliche Massenpsychose, die sich jetzt schon abzeichnet und noch weitreichende Folgen haben wird

Wir wissen derzeit nichts mit Sicherheit. Wenn der Prozess vorbei ist, werden wir mehr wissen. Wir werden (vielleicht) einschätzen können, was sinnvoll war und was nicht. Es wird sich zeigen, welche Sichtweisen sich bewahrheitet haben und welche nicht.

Was jedoch mit Sicherheit bleiben wird, ist die Art und Weise, wie wir mit Menschen umgegangen sind in dieser Krisenzeit, die nicht einer Meinung mit uns waren.
Was bleiben wird ist die Erinnerung an unser Verhalten in dieser Ausnahmesituation. Welchem Instinkt sind wir gefolgt: dem Selbsterhaltungstrieb? Oder dem der Hilfsbereitschaft? Dem des Mitgefühls? Der Aggression oder der Toleranz? Der Angst oder der Liebe? Damit werden wir leben müssen. Jede und jeder von uns.

Hören wir einander zu. Atmen wir durch. Sprechen wir langsam. Sprechen wir bedacht.
Mit Respekt, Toleranz und Akzeptanz für Vielfältigkeit.

Das ist Teil 3 von 4 Teilen.