Cancel Culture 1

Wir leben in einer seltsamen Zeit. Mir scheint, dass so viele Menschen so unfassbar empfindlich sind, dass sie sich wegen allem und jedem gekränkt oder beleidigt fühlen. Das führt soweit, dass Comedians einen regelrechten sprachlichen Eiertanz aufführen müssen, weil jeder Witz von irgend jemandem als anstössig, beleidigend oder kränkend empfunden werden kann. 

Ich finde, jeder hat das Recht, zu sagen, was er denkt und glaubt, sofern er nicht willentlich und absichtlich jemanden kränken oder herabsetzen will. Und jeder andere hat das Recht, sich „verletzt“ (oder amüsiert oder inspiriert) zu fühlen. Und das war’s dann auch schon. Gegen Beleidigungen kann man vorgehen – hier gibt es Persönlichkeitsrechte. Wer aber zum Beispiel Kunst entfernt oder Comedy verbietet, weil jemand beleidigt sein könnte bzw. sich „unwohl“ fühlt, sollte eigentlich wissen, in welcher totalitären Tradition er damit steht.

Die Art von fanatischem Charakter der heutigen Debatten, sei es über kulturelle Aneignung, Gendern, das Klima, den Krieg in der Ukraine oder was auch immer, ist völlig außer Kontrolle geraten. Das hat sich meines Erachtens während der Corona-Zeit verschärft und ist da eskaliert. 

Man darf heute über gewisse Themen öffentlich kaum noch vielfältig und ehrlich diskutieren, will man nicht ausgegrenzt werden. Gewisse Menschen werden nicht mehr eingeladen in Diskussionsrunden, wenn eine Gruppe entscheidet, dass diese Person falsch liegt. Man wird abgesetzt (gecancelt) und das Leben wird einem schwer gemacht, weil diese Gruppierung beschlossen hat, dass sie nicht mit gewissen Sichtweisen einverstanden ist. 

Wir ziehen uns jetzt eine Generation heran, die ermutigt wird zu glauben, dass es nur EINE richtige Haltung, EINE richtige Sichtweise gibt. Und dass es entscheidend für die eigene soziale Integration ist, wenn man der richtigen Gruppierung angehört. Dass es okay ist, andersdenkende Menschen herabzuwürdigen und zu canceln.

Ich finde diese Entwicklung echt bedenklich – und ihr?!