KI und die Gefahr der Sinnesentfremdung

Der erste Schritt zur Realitätsverleugnung beginnt oft unscheinbar – nämlich in dem Moment, in dem wir aufhören, die Welt mit unseren eigenen Sinnen wahrzunehmen. „Bei Sinnen sein“ bedeutet nicht nur ein wacher Geist, sondern auch eine unmittelbare, physische Verbindung zur Welt: die Wärme einer Tischplatte zu spüren, den eigenen Körper als Resonanzraum des Erlebens zu begreifen.

Doch je mehr wir uns von dieser unmittelbaren Erfahrung entfernen und unsere Wahrnehmung an digitale Maschinen auslagern, desto stärker droht die Gefahr einer Entfremdung. Wenn wir einer künstlichen Intelligenz eine Frage stellen, spuckt sie uns eine Antwort aus – und oft genug nehmen wir diese ungeprüft an. Doch was geschieht, wenn sich unser Vertrauen zunehmend auf das verlagerte, was uns Maschinen vorgeben? Wenn wir aufhören, die Welt mit unseren eigenen Sinnen zu erfassen und stattdessen glauben, was eine algorithmisch generierte Realität uns präsentiert?

Die Gefahr der völligen Abhängigkeit

Besonders für jüngere Generationen, die von klein auf mit digitalen Technologien aufwachsen, birgt diese Entwicklung eine besondere Herausforderung. Schon heute beherrschen Kleinkinder Tablets und Smartphones mit einer Selbstverständlichkeit, die Erwachsene oft staunen lässt. Doch was geschieht, wenn zukünftige Alterskohorten überhaupt kein analoges Erfahrungsleben mehr kennen?

Wenn die einzige Realität, die sie je bewusst wahrgenommen haben, durch Bildschirme und Algorithmen gefiltert wurde? Wenn unmittelbare sinnliche Wahrnehmung, das direkte Erleben von Natur, von Berührung, von echtem menschlichen Kontakt nicht mehr Teil ihrer grundlegenden Erfahrung ist?

Eine Zivilisation am Scheideweg

Eine Gesellschaft, die sich immer weiter von der analogen Welt entfernt, riskiert mehr als nur einen technologischen Wandel – sie riskiert eine fundamentale Verschiebung in ihrem Bewusstsein. Eine Welt, in der Realität nur noch durch digitale Vermittlung existiert, wird nicht nur anfälliger für Manipulation, sondern auch für eine zunehmende Verarmung des individuellen Denkens und Fühlens.

Es geht nicht darum, Technik abzulehnen – sondern darum, sie bewusst zu nutzen, ohne sich ihr auszuliefern. Der Schlüssel liegt darin, das Gleichgewicht zu wahren: digitale Möglichkeiten mit analoger Erfahrung zu verbinden, den eigenen Sinnen wieder zu vertrauen und die Welt nicht nur durch einen Bildschirm zu betrachten, sondern sie unmittelbar zu erleben.