Dableiben statt schnell «wegmachen»

Manchmal zeigen sich innere Bewegungen, bevor Worte dafür da sind.

Mein Körper spricht – klar, unverstellt, unmittelbar.

Etwas zieht sich zusammen, wird eng, schwer.

Nicht greifbar – und doch ganz real.

Früher hätte ich vielleicht versucht, schnell zu verstehen, zu analysieren oder zu reagieren.

Doch mit den Jahren ist etwas in mir gewachsen:

eine Haltung, die nicht sofort eingreift.

Eine Präsenz, die bleibt, auch wenn es unangenehm wird.

Es ist keine Methode.

Es ist eher wie eine innere Geste –

eine Art, dem Leben zu begegnen, wie ich sie durch die tantrische Weisheitslehre erfahren habe.

Ein Lauschen.

Ein Dasein.

Ein Verweilen.

Nicht, um etwas zu verändern –

sondern um tiefer zu spüren, was ist.

Und genau darin beginnt etwas sich zu wandeln.

In der tantrischen Tradition, besonders im Vijñānabhairava Tantra, wird das immer wieder beschrieben:

Bewusstsein heilt durch Präsenz.

Nicht durch Eingriff. Nicht durch Kontrolle.

Sondern durch das Dableiben – ohne Urteil.

Durch das Lauschen in die lebendige Stille, aus der alles entsteht.

Durch das Kultivieren von Neugierde.

Wir tragen so viel Wissen in uns.

Und manchmal sind es gerade die vielen Methoden, die uns davon abhalten, dem Raum dazwischen zu vertrauen.

Denn kein Tool wirkt nachhaltig,

wenn dein System im inneren Alarmzustand verharrt –

auch nicht die achtsamste Atemtechnik

oder das sanfteste Embodiment-Ritual.

Wenn dein Nervensystem nicht erlebt:

Ich bin sicher – auch jetzt, in all dieser Unsicherheit,

dann bleibt alles an der Oberfläche.

Was wirklich trägt, ist nicht eine Methode.

Es ist Haltung.

Eine innere Ausrichtung der Zugewandtheit –

wie sie im Kashmir Shivaismus immer wieder benannt wird:

Nicht etwas wegmachen,

sondern die Energie in ihrer wahren Natur erkennen.

Nicht fliehen – sondern in das hinein entspannen, was ist.

Dableiben.

Und dich deinen Empfindungen mit neugieriger Präsenz zuwenden.

Damit gibst du dir selbst Halt.

Denn je mehr du versuchst, etwas forciert zu transformieren,

desto mehr sendest du dir unbewusst die Botschaft:

„So wie ich bin, bin ich nicht richtig.“

Doch dein Körper weiss:

Nichts an dir ist falsch.

Gefühle kommen nicht, um dich zu bedrohen –

sie kommen, um gefühlt zu werden.

Sie sind Ausdruck der bewegten, lebendigen Intelligenz deines Wesens.

Wahre Regulation beginnt nicht mit einem Tool.

Sie beginnt mit Beziehung.

Mit einer stillen Intimität mit dir selbst.

Mit der Geste des Bleibens.

Mit deinem Schmerz.

Mit deinem Zweifel.

Mit deinem Drang, wegzulaufen.

Mit dem Wunsch, endlich anzukommen.

Das Vijñānabhairava Tantra erinnert uns:

Jede Erfahrung – auch das Unangenehme – kann ein Tor zum Selbst sein.

Wenn wir sie nicht zurückweisen.

Wenn wir nicht eingreifen.

Sondern uns hineinlehnen in das, was ist.

Das ist die eigentliche Kunst –

und vielleicht auch der radikalste Weg in dieser Zeit:

Nicht noch mehr tun.

Sondern vertrauen,

dass das, was du bist, bereits trägt.

Du bist kein Fehler im System.

Du musst dich nicht reparieren.

Du bist bewusst. Fühlend. Atmend.

Und ja – es kann hilfreich sein, jemanden an deiner Seite zu haben.

Nicht jemanden, der dich therapiert.

Sondern jemanden, der mit dir bleibt.

Der dir Halt gibt, ohne dich zu verändern.

Der dir hilft, zu fühlen.

Der dich erinnert:

Du bist gehalten. Auch in diesem Moment.

Das ist es, was wir in meinen Somatic Yoga Immersions tun werden:

Kein Werkzeugkoffer. Keine neue Methode.

Sondern ein Raum, in dem du dir selbst begegnen darfst –

jenseits von Technik.

In der Tiefe deines eigenen Gewahrseins.