Unbewusste Vorurteile

Wieso gilt ein Mann, der auf sein Recht besteht als durchsetzungsfähig und eine Frau als penetrant? Wieso ein Mann als geschickter, „tougher“ Verhandlungspartner und eine Frau als schwierig/kompliziert? Wieso ein Mann als charakterstark, wenn er sich für sich einsetzt und eine Frau als zickig?

Iris Bohnet, Verhaltensökonomin und Professorin an der Harvard Kennedy School, hat ein Buch über „unconscious biases“ geschrieben („What Works: Gender Equality by Design“. Von der Financial Times 2016 als Best Business Book of the Year ausgezeichnet).

Der Begriff „bias“ kommt aus dem Englischen und beschreibt Vorurteile, Stereotypen und andere Denkfehler. Diese Verzerrungen treten manchmal bewusst, meist jedoch unbewusst auf. Eben „unconscious“. Diese Voreingenommenheit kann zu unbewussten Diskriminierungen führen.

„Unconscious bias“ ist biologisch erklärbar: um Ressourcen zu sparen ist unser Gehirn äusserst effizient und nutzt bekannte Muster und Schubladen. Es filtert wesentliche Merkmale aus der Wahrnehmung und vergleicht mit bereits Gespeichertem. Dabei macht es Ähnliches Gleich. Das, was nicht ins Erfahrungsfeld passt, fällt durch und wird nicht bearbeitet. Wenn wir das verstehen, dann wird klar: wir können gar nie objektiv sein. Alles ist gefärbt und wird v.a. angepasst an das, was wir bereits kennen, was unserer Erfahrung entspricht.

„Die fünf besten amerikanischen Orchester hatten jahrzehntelang einen Frauenanteil von insgesamt 5 Prozent. Beim Vorspielen vor den männlichen Jurys fielen die Kandidatinnen regelmäßig durch. Offenbar sind Frauen die schlechteren Musiker. Oder doch nicht? Als eine der Jurys nicht mehr sehen konnte, ob ein Mann oder eine Frau spielte, stieg die Quote plötzlich dramatisch an. Alles, was es dazu brauchte, war ein Vorhang.
Bei der Einstellung, bei der Beförderung, beim Gehalt – überall werden Frauen massiv benachteiligt. Die Harvard-Professorin Iris Bohnet zeigt in ihrem brillanten Buch, dass die Ursache dafür oft verzerrte Wahrnehmungen sind, die unsere Entscheidungen auch dann beeinflussen, wenn wir fest glauben, dass wir ganz objektiv sind. So wie die Jury überzeugt war, dass sie lediglich die musikalische Leistung bewertet. Die Antwort auf dieses Dilemma liegt nicht in der Anpassung der Frauen an männliche Verhaltensmuster oder im Appell an unsere Objektivität. Wir können unsere Wahrnehmung nicht überlisten. Aber wir können mehr Vorhänge aufhängen und die Spielregeln ändern. Das ist die revolutionäre Botschaft von „What Works“.“ (Buchbeschreibung aus dem Internet)