Sprach-Tipp: klarer Kommunizieren

«Entschuldigung, ich suche den Bahnhof.»
«Ich verzeihe Ihnen. Suchen Sie ruhig.»

Viele von euch wissen, dass ich Sprache liebe. Heute erzähle ich euch etwas, das mir täglich begegnet in der Kommunikation und oft für Missverständnisse sorgt. Und mich, wie beim oben genannten Beispiel, auch schmunzeln lässt.

Vielen Menschen ist es nicht bewusst, wie häufig sie Aussagen, Aufforderungen und Fragen wahllos durcheinander werfen. Das sorgt in der Kommunikation oft für Missverständnisse und kann für zwischenmenschliche Spannungen sorgen.

Wie in dem Beispiel von vorhin: Hier macht Person 1 eine Aussage „ich suche den Bahnhof“. Person 2 hört zu und antwortet (grammatikalisch korrekt) auch mit einer Aussage: „okay, such ruhig.“

Eine Aussage erzeugt keine Handlung. Wenn du etwas vom anderen willst, dann braucht es entweder eine Frage oder eine Aufforderung. In diesem Fall braucht Person 1 Hilfe. Eine Frage wäre hier besser, wie z.B. „Sind Sie von hier? Können Sie mir den Weg zum Bahnhof zeigen?“ Dann kommt auch die entsprechend erhoffte Reaktion.

Ein anderes Beispiel:

Sie: „Puh, ist das warm hier drin.“ Ich: „Ja, das find ich auch.“ oder

Sie: „Was für ein Chaos in deinem Zimmer!“ Ich: „Für mich passt’s.“

Manche von euch kennen solche Situationen wahrscheinlich zu genüge. Auch hier gilt: auf eine Aussage folgt keine Handlung. Wenn du eine Handlung willst, dann stell entweder eine Frage (darauf kann dann ein „ja“ oder „nein“ kommen!) oder mach eine Aufforderung (wenn du ein „ja“ willst). Hier ein Beispiel für eine Frage: „Es ist so warm hier drin. Luna, kannst du bitte das Fenster öffnen?“ und hier eines als Aufforderung: „Es ist so warm hier drinnen. Luna, sei so lieb und öffne das Fenster. Danke.“

Es gibt aber auch Menschen, die eine Aussage mit einer Aufforderung verwechseln. Bleiben wir beim o.g. Beispiel. Jemand sagt, „es ist so heiss hier drin.“ und jemand anderes springt auf und öffnet das Fenster. Auch interessant, oder?!

Ich habe mal eine wirklich merkwürdige Situation erlebt, als ich noch ein eigenes Yogastudio hatte und einen recht traditionellen Yogalehrer bei mir für einen Workshop zu Gast hatte. Er war mitten in einer philosophischen Erörterung, ich war ganz vertieft in sein Gesagtes, machte mir Notizen. Dann fragte er plötzlich: „Wo ist mein Glas?“ Alle schauten umher, ich erblickte es, antwortete auf seine Frage: „Es steht auf dem Sideboard.“ und schrieb weiter. Betretenes Schweigen. Irgendwann schaute ich auf und sah den verstörten Blick des Yogalehrers. Ich merkte, ah, das war gar keine Frage sondern eine Aufforderung! Dann fragte ich: „willst du, dass ich es dir bringe?“. Er bejahte und gab mir non-verbal zu verstehen, wieso es so lange dauere, er hätte das ja gesagt… Das als ein weiteres Beispiel, wie aus einer falschen Nutzung der Grammatik eine wirklich unangenehme Situation entsteht durch ein Missverständnis.

Wenn du manchmal nicht die Reaktion bekommst auf etwas, das du sagst, dann hab ich einen Tipp für dich: überprüfe deinen Satzbau. Hast du wirklich eine Aufforderung formuliert? Warst du klar?

Beispiele gefällig? (am besten sprichst du die Sätze hörbar ein paar mal hintereinander. Spüre der Wirkung jedes Satzes nach. Was wird non-verbal / energetisch mit transportiert?)

Beim Essen: „Kannst du mir das Salz reichen?“ statt „Sei so lieb und reich mir bitte das Salz.“

Im Restaurant: „Kann ich zahlen?“ (darauf hat übrigens mal ein italienischer Kellner gesagt: Ich weiss nicht, ob du kannst. Ich kenne deine finanzielle Situation nicht.) statt „Bringen Sie mir bitte die Rechnung.“

In der Bäckerei: „Kann ich ein Brötchen haben?“ statt „Geben Sie mir bitte ein Brötchen.“

Ich wünsche dir ganz viel Freude und Leichtigkeit beim genaueren Hinhören und Ausprobieren.