Selbst-Zensur

Vor einiger Zeit habe ich auf 3sat eine Dok gesehen, bei der es um Freiheit und Kunst in Hongkong ging mit dem Titel „Hongkongs Ende?“.

Es ging u.a. um die Massenproteste in der Stadt gegen Polizeigewalt und die Diktatur des chinesischen Regimes sowie das Engagement der dortigen Kunstszene.

Es wurden Künstlerinnen und Künstler befragt, sowie ein Kunstprofessor an der Uni. Da gab es eine Aussage, die mich hellhörig gemacht hat.

Eine bekannte Künstlerin sagte in etwa: „Es geht schon lange nicht mehr darum, dass die Medien zensiert werden. Das ist bekannt. Das wissen mittlerweile alle.“ Der Uni Professor für Kunst, selber Karikaturist ergänzte: „Was ich mehr und mehr bemerke, auch bei mir, ist die Selbstzensur. Ich zeichne anders. Das ist ein schleichender Prozess.“

BÄÄÄM!

Diese Aussage hat mich betroffen gemacht und mich noch lange beschäftigt.

Es ist die Selbst-Zensur.

Wo und wann zensieren wir uns selbst? Um dazu zu gehören, geliebt zu werden, akzeptiert zu sein?

Wo und wann sagen wir nichts, aus Angst vor bösen Worten, Streit, Ausgrenzung oder Diffamierung? Oder weil wir keine Energie oder Kraft haben.

Wann stehen wir nicht zu unseren Werten, unserer Überzeugung?

Im Job vielleicht? Vor der Chefin/dem Chef, um den Job nicht zu verlieren? Vor den Kolleginnen und Kollegen, um nicht ausgegrenzt oder gemocht zu werden? Dem Kooperationspartner? Den Kundinnen und Kunden?

In der Familie? Vor dem Partner, der Partnerin. Den Eltern. Schwiegereltern.

Im Freundeskreis?

Wo verbieten wir uns selbst den Mund?

Das gilt es erstmal zu merken! Sich dessen bewusst zu werden und zu fühlen, welche Emotionen, welche Bedürfnisse hinter diesem Verhalten stehen.

Ein näxter Schritt wäre dann in einem geschützten Rahmen den Mut aufzubringen und zu lernen, für sich und die eigene Meinung einzustehen. Damit zu experimentieren. Dabei immer wieder ganz bei sich landen, um aus dem Herzen zu sprechen. Ohne Anklage. Ohne Forderung. Mit viel Mitgefühl und Toleranz.

Denn was ich selber am eigenen Leib erfahren habe: wenn du anfängst Konflikte zu meiden, um den Frieden zu wahren, beginnt ganz schleichend ein Krieg in dir selbst.