Wir sind in einer Zeit, in der es gerne zu hitzigen Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten kommen kann – Gründe (Themen) dafür gibt es genug. In Diskussionen plädiere ich deshalb vehement für „Pogofähigkeit“. Das Wort habe (leider) nicht ich erfunden (ich finde es so genial, dass ich es in meinen Wortschatz eigebaut habe!), sondern Gitta Peyn. Sie bezieht sich mit dem Begriff auf „Pogo“, den rohen Punk-Tanzstil der 80-er Jahre, der geprägt ist von wildem auf- und abspringen mit Remplern. Dieser heftige Körperkontakt ist durchaus beabsichtigt. Allerdings, und das ist essentiell, nicht mit dem Ziel, einen anderen Menschen zu verletzen oder ihm Schaden zuzufügen. Deshalb gibt es auch einen Verhaltenskodex: ganz gleich, wie heftig und wild es wird, wenn jemand umfällt, dann hilft man sich gegenseitig wieder auf die Beine.
Wenn ich schreibe, ich wünsche mir mehr Pogofähigkeit im kommunikativen Miteinander, dann übertrage ich diesen wilden Tanzstil als Metapher auf den Diskurs, in dem sich starke Emotionen und auch Aggression ausdrücken können, kombiniert mit einer grundsätzlichen Hilfsbereitschaft, insbesondere wenn jemand verletzt zu werden droht. Gitta Peyn betont, dass Pogofähigkeit auf einer freiheitsethischen Grundlage basiert, die sowohl individuellen Ausdruck als auch den Schutz der Unversehrtheit aller Beteiligten fördert.
Es beschreibt die Fähigkeit, verbal in „Vollkontakt“ zu gehen und gleichzeitig den anderen zu respektieren. Es ist die Kunst, in einem Gespräch, auch wenn es hitzig wird, das respektvolle Miteinander im Auge zu behalten.
Wie sieht es mit deiner Pogofähigkeit aus? Verstummst du eher, um „die Kirche im Dorf“ zu lassen? Wie weit gehst du? Wie reagierst du in der Hitze des Wortgefechts? Kannst du einlenken? Grosszügig sein? Zurück zu einem respektvollen Miteinander finden? Kannst du verzeihen? Um Verzeihung bitten? Kannst du Widersprüchlichkeiten und andere Meinungen aushalten?