Neue Wege gehen

Wir werden gerade herausgefordert neue Wege zu gehen. Was genau bedeutet das?
Ich habe gerade wieder eine Erfahrung gemacht, die mich noch tiefer und klarer hat verstehen lassen, was es heisst «neue Wege» zu gehen. Diese Erfahrung teile ich heute gerne mit euch.

Neue Wege zu gehen bedeutet m. E. eben nicht nur, dass wir uns jetzt statt auf Live-Yoga-Classes auf Online-Yoga einlassen. Oder dass wir uns anfreunden mit Yogaworkshops via Zoom oder sogenannten „Hybrid“-Sessions. Damit, dass Yoga-Festivals nun Online stattfinden. Oder wir Yogaprüfungen online abnehmen. Es bedeutet nicht nur, dass wir uns zu Hause einen Ort kreieren, von dem aus wir Live streamen können. Uns gutes Equipment kaufen.
Damit scheint es, als können wir uns (und anderen) zeigen, wie sehr wir den Yoga verstanden und integriert haben, weil wir uns anpassen können, flexibel sind. Yoga zu leben heisst ja auch, sich mit widrigen Umständen zu arrangieren. Die Wellen zu surfen, wie sie sich gerade zeigen. Und das alles natürlich ganz anmutig. 😉

„Neue Wege zu gehen“ bedeutet so viel mehr! Das habe ich gerade wieder ganz deutlich erfahren. Neben diesem äusseren Weg, den ich weiter oben beschrieben habe, geht es v.a. darum, dass wir diesen „neuen Weg“ auch IN UNSEREM INNEREN vollziehen.
Es geht darum, einen neuen Weg zu finden in der Art und Weise wie wir mit UNS SELBST umgehen (und in der Konsequenz natürlich auch mit anderen) in diesen Zeiten. Wenn wir mit den alten patriarchalen, leistungsorientierten Strukturen unterwegs sind, kann es uns ganz viel Kraft kosten. Neben den äusseren (wirklich schwierigen!) Umständen drangsalieren wir uns (und andere) sonst mit dieser inneren Härte und Strenge, wenn wir z.B. an Plänen festhalten. Wenn wir geplantes „durchziehen“, weil wir ja schon so viel Zeit, Energie und Geld reingesteckt haben. Weil wir es brauchen. Weil wir es wollen.

Ich spüre ganz deutlich, dass wir uns von diesem wahnsinnigen Leistungsdruck, den wir uns machen, verabschieden können. Das ist der wahrlich neue Weg! Aufhören, uns zu definieren über Leistung, darüber wie fleissig wir sind, wie hart und viel wir arbeiten. Wie anpassungsfähig wir sind. Bis zur totalen Erschöpfung.
Wir dürfen vorher „Stopp“ sagen. Wir dürfen aussteigen aus diesem Hamsterrad, das wir uns selber kreiert haben. Wir müssen nicht „die Zähne zusammen beissen“ und „es durchziehen“. Wir können einfach aufhören mit diesem alten, krankmachenden Zeugs. Das wäre in der Tat revolutionär. 🙏🏼

Der Verstand will uns weis machen, dass es jetzt nicht anders geht. Dass wir uns eben zusammenreissen müssen. Dass wir keine Wahl haben. Dass wir bei all dem, was aussen läuft, mitmachen müssen, um „im Spiel“ zu bleiben. Wir wollen ja weiter Yoga Stunden / Workshops geben. Dann müssen wir das tun. Wir haben keine Wahl.

Ist das wirklich so? Haben wir keine Wahl? Kannst du mit 100%iger Gewissheit sagen, dass wir keine Wahl haben?
Vielleicht doch?! Vielleicht haben wir die Wahl.
Allerdings ist es für den Verstand fast unerträglich. Es macht Angst.
Weil wir uns dann auf unbekanntes Terrain wagen. Nicht wissen, wie wir es machen sollen.
Bisher hat uns das Alte gut geholfen. Doch wir bekommen jetzt eine Ahnung davon, dass es uns eventuell nicht gut tut. Dass wir uns schwächen, wenn wir so weiter machen.

Viele von uns, ich eingeschlossen, sind super im Pläne schmieden, Konzepte schreiben, Abläufe austüfteln. Im kalkulieren und vorausberechnen. Darin haben wir Erfahrung. Das hat die letzten 10, 20, 30 Jahre gut geklappt. Das können wir gut. Das gibt uns Sicherheit. Und wir merken: irgendwie funktioniert das nicht mehr. Egal wie sehr wir uns an das Alte klammern.

Doch die Angst vor dem wirklich neuen Weg ist gross. Wir haben keine Erfahrung darin. Können uns an nichts orientieren. Uns an nichts festhalten.
Wir können nur vertrauen. Wir können nur dem Leben vertrauen und der Tatsache, dass dieser neue, innere Weg sich zeigt, während wir ihn gehen. Indem wir ihn gehen. Ohne dass der Verstand weiss, wie das genau geht. Dass alles, was wir in dieser Zeit brauchen, in uns tragen.

Wir können unserem Herzen folgen. ❤️
Der Freude. Der Leichtigkeit. Unseren Wünschen. Dem, was uns tief im inneren inspiriert. „Dem Herzen folgen“ klingt mittlerweile nach einer abgedroschenen Phrase. Einer ausgelutschten Floskel. Es wurde vielleicht zu inflationär verwendet. Blieb an der Oberfläche, ohne wirklich in die Tiefe zu sinken. Doch was bedeutet das genau? Was meinen wir damit, wenn wir sagen, wir hören auf unser Herz, folgen unserem Herzen?

Ich kann einfach aus meiner eigenen Erfahrung sprechen. Wenn ich still werde, mich tief in mein Herz hinein entspanne, dann spüre ich, was seine/meine innigsten Wünsche sind. Ich kann mich innerlich daran ausrichten. Kann in Übereinstimmung mit dem gehen, was durch mich ins Leben geboren werden will. Dieses Gefühl, das dann entsteht, ist mein inneres Navigationssystem. Es zeigt mir den Weg. Einen Weg, den ich nicht erklären kann, weil es sich der Verstandesebene entzieht. Ich weiss es nicht. Ich fühle es. Ich kann es nicht in Worte fassen oder es erklären. Ich kann mich einfach nur entspannen. Meinen ganzen Mut zusammen nehmen und los gehen. Mich hingeben und vertrauen, dass der Weg sich zeigen wird, wenn ich ihn gehe. Dass ich immer im jeweiligen Moment weiss, was es zu tun oder zu lassen, zu sagen oder zu schweigen gibt. Dass ich geführt werde. Von meinem Herzen.❤️

Der Verstand will kontrollieren. Dabei kann er es aber immer nur so machen, wie er es bereits kennt. So wiederholen wir immer und immer wieder die gleichen Dinge.

Aus dem Herzen heraus zu leben bedeutet, dich ins Nicht-Wissen hinein sinken zu lassen. Deinem Bauchgefühl, deiner Intuition voll zu vertrauen, auch wenn der Verstand fast durchdreht. Er will einen 10-Schritte-Plan machen. Alle Eventualitäten im Vorfeld durchdenken. Plan A, B und C entwickeln. Ein Konzept machen.

Das Herz will SEIN. Es will erschaffen. Überfliessen. In Leichtigkeit und nicht mit Disziplin und Fleiss. Es will sich verbinden. Diese tiefe Verbundenheit hat nichts mit cleveren Business-Strategien und Kooperationen zu tun. Es ist eine Verbundenheit mit allem Lebendigen. In der Freude und Liebe.

We are human BEINGS, not human DOINGS.