Ich habe früher viel mit der Presse zu tun gehabt. Ich war regelmässig im Fernsehen und habe für Zeitschriften geschrieben. Nicht nur für Fachmagazine habe ich geschrieben, sondern auch für die klassische Boulevardpresse – Shape, Brigitte, Freundin, Für Sie, Fit for Fun, Woman etc..
Es ging dabei um Body & Mind im Allgemeinen bzw. Yoga im Speziellen. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass das, was wir gedreht hatten, oft geschnitten und extrem verkürzt wurde. So, dass ich oft enttäuscht war, als ich den Beitrag dann im Fernsehen sah. Das, was mir wichtig war, kam dabei selten rüber. Die Medienprofis hatten eine andere Vorstellung über das Thema bzw. wollten eine andere Geschichte erzählen. Diese Erfahrungen haben dazu geführt, dass ich mir, wann immer möglich, das Mitspracherecht gesichert habe darüber, was bzw. wie etwas veröffentlicht wird. Oft hat das geklappt.
Vor ein paar Jahren wurde ich von einem bekannten Magazin, das mehrheitlich im wirtschaftlich-politischen Bereich tätig ist, für ein Interview angefragt. Sie wollten einen grossen Bericht über Yoga bringen. Ich war geschmeichelt. Das war total verlockend! Trotzdem fragte ich, was denn die Absicht dieses Artikels sei. Da habe ich gemerkt, wie meiner Frage ausgewichen wurde. Da war etwas „faul“ an der Sache. Um es kurz zu machen: es sollte ein diskreditierender Artikel über Yoga werden. Als er veröffentlicht wurde, war ich froh, meinem Bauchgefühl vertraut, und abgesagt zu haben.
Ein kleiner Einschub, der für das Thema interessant ist:
Im Gymnasium habe ich gelernt, dass es zu jeder wissenschaftlichen Studie eine andere Studie gäbe, die diese widerlege. Das sei nichts besonderes. Wichtig sei es zu schauen, wer die Studie finanziert hätte, wie unabhängig sie sei etc.. Ich habe später im Studium gelernt, dass am Anfang einer wissenschaftlichen Reihe eine Annahme stehe, die man dann mit der Studie bestätige. Und dass man, wenn man andere Antworten bekommen wolle, auch andere Fragen stellen muss. Und nicht nur Fragen, von denen man die Antwort kenne und wisse, dass sie einem in den Kram passen würde.
Etwas ähnliches habe ich in meiner langjährigen Erfahrung mit Printmedien gemacht. Es ging selten darum, ganz offen und unvoreingenommen über etwas zu berichten. Bereits im Vorfeld werden bei Verlagssitzungen und kreativen Meetings Konzepte für eine Sendung oder für ein Magazin gemacht. Dabei wird festgelegt, wie etwas dargestellt werden soll, damit es zum „Stil“ des Verlagshauses passt, das Publikum „catcht“ (einfängt) oder damit der Inhalt des Heftes abwechslungsreich und bunt ist, um so viele Leser/innen anzuregen, das Heft zu kaufen bzw. einzuschalten. Headlines, also die Titel, sollen stark sein, Emotionen wecken und je nach Stil der Zeitschrift darf es auch reisserisch bzw. polarisierend daher kommen. Die Reporter/innen bekommen ein entsprechendes Briefing, bereiten die Fragen vor, so dass das, was sie darstellen sollen, auch so rüber kommt.
Wieso erzähle ich das alles?
Ich nehme wahr, dass viele Menschen bereits eine fest zementierte Meinung haben über C und die Krise, die daraus entstanden ist. Dass bei vielen gar keine Bereitschaft mehr da ist, zu zuhören. Sich die neuen Datenlagen anzuschauen. Offen zu sein für Neues, für eine Wendung. Im Gegenteil.
Ich beobachte auch, dass es bei vielem von dem, worüber und v.a. wie jetzt in den öffentlich rechtlichen Sendern berichtet wird, gar nicht darum geht, die Sache von allen Seiten zu beleuchten. Sondern dass da eine Idee im Vorfeld ist, wie etwas oder jemand dargestellt werden soll. Darauf bauen die Fragen auf, die Aussagen des Interview-Partners werden gekürzt oder bruchstückweise verwendet in einen anderen Kontext gestellt und voilà – schon hat man das, was man wollte.
Ich habe gestern ein richtig interessantes, kluges und differenziertes Interview gehört, das knapp 15 Minuten gedauert hat. Ich war beeindruckt und dachte „Wow, und das in der ARD“. Chapeau!
Das Interview wurde dann zerstückelt, auf ein paar Sekunden reduziert, in einen anderen Kontext gesetzt und so im Fernsehen ausgestrahlt. Die eigentliche Aussage war dann eine andere.
Nun ist das, wie gesagt, nichts Neues. So funktioniert das seit Jahren. Es ist nicht so, dass ich das nicht weiss oder mir das nicht bewusst ist.
Doch gestern hat mich, ganz überraschend, eine so tiefe, tiefe Traurigkeit durchflutet. Ich war zutiefst traurig, dass wir uns nicht mehr zuhören. Ich war traurig, dass es scheinbar nicht um Wahrheitsfindung geht, sondern darum, Recht zu haben. Ich war traurig, dass offenbar viele so fest in ihrem Glauben und ihren Meinungen verhärtet sind. Traurig über die verschiedenen Labels, die Menschen aufgedrückt werden, um sie in „Schubladen zu stecken“ und „abzulegen“. Traurig, dass die Spaltung in der Gesellschaft mit solchen Berichten nur noch mehr gefestigt wird.
Heute ist ein neuer Tag und ich fühle mich zuversichtlich. Habt es gut, ihr Lieben!