Die bessere Hälfte

Die Sache mit der Suche nach der „besseren Hälfte“

Kennt ihr diese Vorstellung, dass da jemand sei, der oder die einen ergänzt? Die sogenannte „bessere Hälfte“. Woher kommt diese Idee, dass wir für uns selbst nicht vollständig sein sollten und deshalb jemanden brauchen, der bzw. die einen vervollständigt?

Die Idee, dass es darum geht, in der Liebe seine „zweite Hälfte“ zu finden, stammt aus einer berühmten mythologischen Geschichte, die vom griechischen Philosophen Platon in seinem Werk Symposion (Das Gastmahl) erzählt wird. Es ist die Geschichte, der Kugelmenschen.

In diesem Mythos geht es um die Ursprünge der Liebe. Er besagt, dass die Menschen ursprünglich kugelförmige Wesen mit vier Armen, vier Beinen und zwei Gesichtern auf einem Kopf waren. Es gab drei Geschlechter: das männliche, das weibliche und das androgyne.

Diese kugelförmigen Menschen waren sehr stark und ehrgeizig, und sie begannen, die Götter herauszufordern. Als Strafe für ihre Überheblichkeit teilte Zeus die Kugelmenschen in zwei Hälften, sodass jede Hälfte nun nur noch zwei Arme, zwei Beine und ein Gesicht hatte. Diese Trennung verursachte bei den Menschen große Sehnsucht und Traurigkeit, weil sie sich nach ihrer anderen Hälfte sehnten.

Seitdem suchen die Menschen nach ihrer „verlorenen Hälfte“, um wieder vollständig zu werden. Wenn zwei Hälften sich finden, fühlen sie eine tiefe Liebe und Verbundenheit, weil sie das Gefühl haben, wieder ganz zu sein.

Die Idee der „zweiten Hälfte“ oder des „Seelenverwandten“ hat in der westlichen Kultur eine lange Tradition und ist oft mit romantischen Vorstellungen verbunden. Mit dieser Geschichte wird das tiefe Bedürfnis nach Verbindung und Einheit, das viele Menschen in romantischen Beziehungen empfinden, erklärt.

So romantisch dieses Konzept sein mag, so wenig fühlt es sich für mich stimmig an. Denn es würde umgekehrt auch bedeuten, dass wir nicht „ganz“, nicht „okay“ sind, so wie wir sind. Dass wir etwas tun müssen, etwas brauchen, um erfüllt/glücklich zu sein. Und das führt in unserer Gesellschaft dazu, dass so viele dem Optimierungswahn verfallen – auf allen Ebenen.

Im tantrischen Yoga gehen wir davon aus, dass wir Shiva-Shakti sind. Dass wir ALLES sind. Dass wir das sind, was wir suchen. Wonach wir uns sehnen. Einzig, wir haben es vergessen. Deshalb geht es auf dem tantrischen Weg auch nicht darum, besser zu werden oder ein weiteres, neues Konzept zu lernen. Im Gegenteil. Es geht vielmehr darum, alles Überflüssige, alles, was uns abhält zu erkennen, wer wir wirklich sind, nach und nach abfallen zu lassen.

Bis sich etwas in uns wieder erinnert….